Tauch-Segeltörn Sizilien Juli 2010
Ich freue mich schon ziemlich auch den Törn. Zum ersten Mal
sind Hans und Klaus von den Unterwasserfreunden dabei. Vor ein paar Jahren haben
Ingeborg und ich bei den Unterwasserfreunden einen Tauchkurs erfolgreich
absolviert und dabei sehr schöne Tauchausfahrten mitgemacht. Hans war schon
damals einer der sehr erfahrenen Taucher und hat sich uns mit viel Geduld
angenommen.
Mit Thilo, einem Skipperkollegen und Taucher habe ich
vereinbart, dass er sich bei unserem Tauch-Segeltörn um die Taucher kümmert und
ich mich um den Törnverlauf und das Boot. Was geht, planen wir schon von zu
Hause aus, der Rest wird vor Ort gemacht.
Start ist in Palermo, das Tauchrevier auf den Ägadischen
Inseln.
Das
Schiff Die Crew:
Der folgende Törnbericht wurde
mir freundlicherweise vom Hans zur Verfügung gestellt
03.07.1 Stuttgart
–Palermo
Um
3:15 ist Klaus da. Mike mal eben nicht. Um 3:45 klingel ich das zugedröhnte Teil
aus dem Bett. Er lallt zwar was von „isch sahl eussch de daxse“ - na klasse.
Also ruft Klaus seinen Vater an und während wir nach Steinheim zurückfahren,
macht der sich startklar und fährt mit an den Flughafen. Einchecken ist kein
Problem, nur ist in der Security der Terminals 3+4 samstags die Hölle los.
Nachdem wir ‘ne dreiviertel Stunde ohne signifikanten Landgewinn in der
Warteschlange verbringen, queren wir zum feineren Terminal 1.Hier geht’s
tatsächlich zügig zur Sache. Noch einen letzten Kaffee und ab in den Flieger.
Eddys und Wilfrieds Crew stellen am Arrival einen Taxi-Konvoi zusammen, handeln
obligatorisch einen „fairen“ Preis aus und bunkern Unmassen an Gepäck und
Gerödel. Mole Süd ist das gepeilte Ziel. Da die Vorgängercrew noch nicht von
Bord ist, bewacht unser 1.Skipper die Utensilien und klariert beim Hafenmeister,
während wir zum Einkaufen aufbrechen. Freundliche Stadt. Viel Grün, zudem nicht
nur Pinien, sondern auch Laubbäume und blühende Sträucher. So ziert den Platz
der Marine, einem kleinen Park mit uralten Bäumen, ein Karree arkadiengesäumter,
schattenspendenden Straßen und schenkt damit den im Mittelalter gewachsenen
Häuserzeilen ihren typischen südländischen Flair. Die Sizilianer sind im
Gegensatz landläufiger Vorurteile ein äußerst liebenswertes und zuvorkommendes
Volk. Bereitwillig und mit viel Geduld erklärt man uns den Weg zum Markt,
Tabakladen und wo sich (bei dieser Hitze nicht unwesentlich) die nächste kühle,
wasserausschenkende Station befindet. Aber vor dem Labsal steht noch die Mühe.
Glücklicherweise müssen wir das Bunkergut nicht schleppen, da ein netter
Angestellter des Supermarkets den Transfer zur SY German Frers 60 Sophia
organisiert. Deshalb kann die Crew erstmal ein Restaurant, dazu noch das älteste
der Stadt aufsuchen. Ein junger Mann vom Bodensee (5 Jahre hielt er‘s dort aus)
begrüßt uns herzlichst und bringt uns mit seinen Deutschkenntnissen die Kultur
und Geschichte seines Hauses und der Stadt näher. Das Haus Bourbone hat seinen
Wirkungskreis erbaut und die Gartenkultur sei arabischen Ursprungs. Auf
Nachfrage, das Spiel gegen Agentinien steht schließlich an, erklärt er uns, dass
er das Bildschirmgerät nach Ausscheiden der Azuros energisch und final des
Platzes verwiesen hat. Tja. Nachdem wir zurückgekehrt, das Massengut verstaut,
unsere Kajüten eingerichtet und kalt ge-duscht haben, geniesen wir das kühle
Bier in der (Hafen-) Navy Bar am Piazza Marina (in der Via Vittorio Emanuele).
Die Deutschen organisieren ein kleines puplic viewing und die Einheimischen
staunen, wie schnell sich ihre Bude füllt. Klar, die Anfeuerungsrufe, die
lautstarken Kommentare und das Torgeschrei locken unsere Landsleute an. Nur
unsere zwei Skipper sind wenig beindruckt, sie entschlummern sanft in das
Nirwana des Tiefstschlafes. Wohl die Last der Verantwortung oder das viele
Organisieren (und / oder war’s doch das Bierchen bei 40°C).Nun gut, mit 4:0 für
Bundesmannschaft kehren wir in bester Stimmung zum Boot zurück und lassen
unseren ersten Tag an Bord unserer Slup gemütlich
ausklingen.
04.07.10 Palermo - San Vito Lo Capo
Wir
brechen auf und da das Vergnügen (bezieht sich nur auf altgediente Seehasen) vor
der Arbeit steht, gibt’s für uns Leichtmatrosen erst mal einen Crashkurs in
Seemannschaft. Lifebelt, Lifeline, Schwimmweste, Groß, Fock, Genua, Muring- und
Achterleine, Klampenbelegung, Webelein (für uns Landratten als Fenderknoten
deklariert), Winsch, Spin, Fender, Wende, Q-Wende, Halse, Barke, achterlicher
Wind, Raumwind, durch den Wind, am Wind, auch gern mal gegen den Wind, wahrer
und scheinbarer Wind, Spione, Fall und Schot, Stak, Kiel, -schwert (warum und zu
was?), Tiefgang Anker, -leine, -kette, Heck, Bug, Deck, Cockpit, Kombüse und
Pütz, Bullaugen (vor der Fahrt bitte schließen), Seekarte, Peilen, Koppeln,
Funktelefon Tiefenlot, Autopilot, Navigationssysteme - mein Gott, die Begriffe
rauschen nur so durch den Äther und ich kapier mal wieder nichts. Der
Versicherung, dass das alles einfach und simpel (wohl ein Wink in meine
Richtung) und das nach kürzester Zeit, spätestens aber nach einer Woche
verständlich sei, schenke ich instinktiv und selbstverständlich keinerlei
Glauben. Nach der Belehrung über Flaggensetzung, Nationalflagge (Heck),
Gastland-(Steuerbord), Eigner-, Club-(Backbord) - die Begriffe für Links und
Rechts auf einem Schiff werden als bekannt vorausgesetzt (dank Olaf sind sie das
auch) - tuckern wir los. Die Fahrtbrise bringt die erlösende Kühlung und ich
wills mir gar gemütlich machen. Ne, ne jetzt sind die überlebenswichtigen
Manöver dran. Einstellen der Schwimmweste und theoret-ischer Unterricht zu „Mann
über Bord“ – Alarm-Taste, Motorleerlauf bzw Abfallen (wat?),ein Mann Barkenwurf,
ein Mann zur Beobachtung und dann Q, langsames Heran- tasten (dehnbarer
Begriff), eventuelle Auf-nahme des vielleicht Glücklichen (hängt vom Wetter ab,
sonst Unglücklichen). Zwischenzeitlich ist die See erreicht und eine dieser
Kuhschleifen wird vorgeführt. Der Barkenwurf wird auf morgen verschob-en. Dann
wird weiter getuckert und getuck-ert. Auf Quengeln und Drängeln der
Leichstmatrosen versucht man unter Segel zu fahren. Geht aber nicht, der Wind
ist zu schwach, oder kommt von der falschen Seite oder ist überhaupt völlig
ungeeignet. Zur Demonstration wird aber doch noch etwas gedümpelt und die
Fachausdrücke wie Killen, Abfallen (schnelles -dehnbarer Begriff), Anluven
(langsames -sehr dehnbarer Begriff) und „Das Ist Halt So“ (dem Skipper
vorbehalten, dafür aber nicht dehnbar) erläutert. Dann tuckern wir erst mal
weiter. Etwas Rudergängerkurzausbildung, das Navi ist übrigens ein tolles
Tamagotchi und begeistert alle technisch Interessierten, anschließend werden die
Routenpunkte gesetzt. Der Autopilot übernimmt („schaut aber nach vorne“) und
unsere Skipper mutieren zu passionierten Vollblutmechniker. Mit „wichtige
Reparaturen“ verschwinden die zwei unter Deck. Na klar, die Vorfahrtsregeln sind
ja schon erwähnt (sämtliche Fischer, Segler und Behörden haben sie) und im
Gegensatz zu den unter Segel geltenden Vorschriften- Steuerbordbug vor
Backbordbug*, Lee vor Luv -oder wars umgekehrt ,mein analoges Gehirn schaltet so
langsam auf Standby und verlangt Restart- angeblich auch völlig einfach und
unkompliziert. Man soll aber beachten, dass ein unter Motor fahrender Segler zum
Motorboot mutiert. Capire?! Wir versuchen zwar noch einige Male die Sailors ins
Cockpit zurückzulocken, aber Cheffe und sein Obermechaniker dengeln, hämmern,
bohren, messen und klemmen fröhlich weiter. Nur hin und wieder sieht man eine
durchschwitzte Gestalt, die eines dieser uns unbekannten Aggregate im Navi
Cockpit anwirft oder abschaltet. Bei regem Schiffsverkehr (äußerst dehnbarer
Begriff) würden sie natürlich wieder das Deck erklimmen und uns souverän durch
alle Unbill, Hindernisse und Gefahren geleiten. Mir fällt der alte Spruch „auf
See und vor Gericht empfehl Dich in Gottes Hand“ ein, schlussendlich regelt das
aber der Skipper. Trotzdem genießen wir den Fahrtwind und die azurblaue See. Ein
guter Skipper weiß wo er ist und deshalb sind die Spezialisten just in time zum
anstehenden Ankermanöver an Deck. Der geeigneste Platz wird ausdiskutiert,
beschlossen und mit lässigem Schlenker punktgenau erreicht. Das Bad im klaren
Meer erquickt die ganze Besatzung. Zur untergehenden Sonne zaubern Marco und
Thilo einen hervorragenden, mediterranen Bauernsalat und Spagetti alla mama
sizilina auf den Tisch. Noch ‘nen „kleinen after sun“ und ab in die Koje.
.
*Daheim updated Ingeborg meine unzureichenden Kenntnisse auf „Backbordbug vor
Steuerbord-bug“ in die richtige Fasson.
05.07.10 S.Vito Lo Capo –Favignana
Die
Kühlschränke kühlen nicht wie gewünscht. Temperatur und Arbeitsgeschwindigkeit
stimmen nicht. Kühlung oder Kompressor? Die Skipper schließen Batterien für 720
Amp an und vesuchen sie zu laden. Ob man das nun glaubt oder nicht ,das ist kein
einfacher Akt. Irgendein Master (scheint kein seemannschaftlicher Aus-druck zu
sein) genügt den Ansprüchen der Spezialisten nicht. Mal ist die vorgegebene
Voltzahl nicht zu erreichen, mal bringt die Amperezahl des Ladestroms die
Kollegen ins wortwörtliche Schwitzen. Bodenplatten werden herausgehoben,
Wandverkleidung-en entfernt und oben mault die olle Kund-schaft. Und so sollen
die Hartgeplagten in Ruhe und konzentriert arbeiten können. Also werden die
Landratten mit etwas Segeltuch ruhiggestellt und die eigentliche Arbeit nur
vorbereitet. Zudem muss der Schalthebel zur Maschine feinjustiert und diverse
Geräte an der Navi überprüft werden. Dann verschwindet der Erste wieder im
Gedärm der Zu- und Ableitungen mechanischer wie elektrischer Anlagen.
Glücklicher, weil beruhigender Weise bleibt Thilo mal zwischenzeitlich im
Cockpit. Der Morgen ist heiß und schwül. Da kühlt es plötzlich und schlagartig
merklich ab und der Dunst verdichtet sich zum Nebel. Jetzt kommt Leben in die
Bude. Fahrt raus, Umstieg auf Motorbetrieb, Radar an. Wilfried gibt aus dem
Navigationsraum seine Interpretation ans Ruder durch - bei Sichtweiten um die
30m wird fast zur Dümpelei runtergefahren, dafür aber mit der bordeigenen
Vuvuzela in immer kürzeren Abständen (jeder will mal) rumgetrötet. Nach der
einen und anderen Rückmeldung aus der weißen Watte, wird auf unseren Anfragetröt
mit der best bekannten „Deutschland vor“ (noch ein Tor) Tonfolge geantwortet.
Die leise Vermutung kommt auf, dass es sich um ein deutsches Schiff handeln
könnte. Als sich der Nebel kurzzeitig lichtet können wir Groß und Fock eines
Bootes in 0,1 sm Entfernung ausmachen und über Funk unsere Eingebung
verifizieren. Es ist Eddys Chianti. Bevor das Glas oben ist, entschwindet das
befreundete Schiff jedoch wieder ins Weiß. Die Kapitäne tauschen sich zwar noch
aus, ansonsten ist Ruhe. Die Vuvuzela wird nur noch im Bedarfsfall eingesetzt.
Nachdem sich der Nebel lichtet und die Fahrt wieder aufgenommen ist, erklärt mir
Wilfried wie man den Autopiloten rausnimmt und verschwindet mit Thilo nach
unten. Reperaturarbeiten - das ist halt so. Ein wie gemalt, schöner Leuchtturm
(erinnert frappierend an einen Trutzturm) hebt sich Steuerbord voraus aus dem
Blau und ich mach die Kamera bereit. Da nuschelt der Buddy was von weißen
Markierungen direttissima voraus und ich kraxel hektisch zum Autopiloten, umfahr
die Netzbojen und überlass dann unverzüglich dem be-gabteren und erfahreneren
Rudergänger Klaus das Steuer und zieh mich auf meine Kernaufgabe als
Expeditionsablichter zurück (Gute Ausrede was?).Unten kläpperts, dengelts und
saugts - irgendwas mit der Bilge. Dazwischen Testreihen für Lüfter, Klimaanlage
und unserem alten Bekannten dem Master (was auch immer das sein mag und der
vermag und kann). Irgendwann ruft die Crew nach den Qualifizierten, der
Autopilot ist ja seit dem Turm außer Betrieb und die zwei Inseln rücken immer
näher. Die Mechaniker entpuppen sich nun als wiefe Seeleute und bringen das Teil
sicher in den Hafen von Favignana. Man rüstet sich mit Fender aus und als
Belehrter darf ich sogar den Achterfender belegen. Toll, nur meldet der
Hafenmeister nach 10 Minuten, ob das abdriftende Teil unser wäre. Die Dachlatte
achteraus macht mir auch etwas Sorge. Unsere Gangway reicht nicht zur Kaimauer
und das Holz ist (für meinen Geschmack) fast zu schmal. Ich unterdrücke die
Höhenangst und halt den Mund. Die Wellen des Fährbetriebes und ihre Auswirkungen
auf diese Behelfskonstruktion lassen jedoch deutliche Bedenken in mir
aufsteigen. Nun gut, wir erkundigen uns nach Tauchmöglichkeiten und
Gerödelverleih. Bereitwillig unterrichtet uns der Pirat auf der Pier über
dieselben, nur stellen wir nach vielstündigem Warten im Scuba-Container fest,
dass das keine Basis sondern nur ein kleiner Verleih ist. Die Basis liegt auf
der gegenüberliegenden Seite der Insel. Schön. Die Fahrt nimmt langsam an
Expeditionscharakter auf und der Barkenwurf wird auf morgen verschoben. Abends
erkunden wir das mit Gästen gesättigte Städtchen, das trotzdem oder gerade
deshalb seinen speziellen, südlichen Charme entwickelt. Im Gegensatz zu Thilo
begünstigt mich das Schicksal. Auf meiner Pizza sind Muscheln, Scampis nicht nur
leere Dekoration, sondern satt gefüllt.
06.07.10
Favignana Punta Lunga
TG 1451
12m 55 min
Wir suchen den von Thilo aufgenommen Kontakt in Porticciolo
di Punta Lunga auf. Nur
ist das Schweizermädel Silvana nicht in ihrem Laden. Doch mittels Zeichensprache
und Kauderwelsch erhalten wir Leihflaschen und Blei. Marco kann sogar ohne
Probleme seine rudimentäre Ausrüst-ung vervollständigen und wir bekommen
nebenbei Karte und Briefing zu einigen Spots der Geg-end. Hinter der Mole des
alten Fischereihafens, auf halben Weg zur Isolotto Previlo ragt ein flaches Riff
aus den Poseidonwiesen (der Basisnamen Posidonia Blu ist nun erklärlich) und
wird unser erstes Ziel werden. Marco (14 TG und Jahre weg) wird nochmals
instruiert und da mir seine Unzulänglichkeiten beim Aufbau der Anlage schon
auffallen, wird er nach eventuellen Wünschen hinterfragt. “Jawoll“, er möchte
zum Riff schwimmen - dann doch lieber zur Ankerkette - um dort abzusteigen.Die
Hitze im 7mm,die ungewohnte Ausrüstung und die mangelnde Erfahrung lassen ihn
nach dem Sprung ins Wasser doch einen Ausstieg ins Boot in Erwägung ziehen. Dies
wird auf dem Weg zum Heck zum Entschluss verfestigt - „das ist mir zu stressig“.
Wir tauchen ab und gleiten über dichte, ausgedehnte Seegraswiesen zum Fels und
dann an dessen langgezogenem Ausläufer entlang. Dunkelbraune
Mittelmeerschwalbenschwänzchen, Meerjunker und Doraden in Schwarmformation
beschreiben die hiesigen Leitformen. Garniert mit Seesternen und durch
Perlmutteinlagen auffallende Meeresohren. Nach 30 Minuten frischt es im 5er
deutlich auf und da Thilo nur noch eine auf 120 bar begrenzte Füllung zur
Verfügung hat, leit ich die Kehre ein. Unterm Boot untersuchen wir noch das
zaunartig aufgespannte Grundnetz. Leider finden wir aber keine geeignete
Mahlzeit für den Abend. Nach einer knappen Stunde steigen wir ins Boot. Es ist
zwar noch ausreichend Luft für einen Nachttauchgang über, doch die Entscheidung
zur weiteren Tagesplanung fällt zu Gunsten der TV-Übertragung Uruguay vs Holland
aus. Auf der gesegelten Rückfahrt erbarmt sich Wilfried und versucht meine
Defizite zu den Begriffen Wende und Halse durch praktische Vorführungen
einzudämmen. Das ist spannend wie interessant. Auch die Q-Wende zur
Menschenrettung wird nochmals vorgeführt und da sich anscheinend abweichende
Ausführungen anbieten, entwickelt sich ein intensives Fachgespräch zwischen den
Altgedienten. Doch Wilfried hat eine absolute „win battle“ - Argumentation in
Hinterhand. Er zieht sein Quickstop-Register. Das ist mal ein Joker! Hier kann
man seinen eigenen Wendekreis im Auge behalten. Der Trick begeistert mich
dermaßen, dass ich zu allen passenden und unpassenden Gelegenheiten einen
Quickstop vorschlage. Die Zeit wird eng, deshalb wird der Barkenwurf auf morgen
verschoben und wir düsen zum Hafen. Auf Anmahnung von Marco wird ein
Ankermanöver probiert und auf Grund der sich bestätigenden Untiefen abgebrochen.
Hi, Mole immer noch nicht näher? und der Übergang noch schmäler? Ich bitte
Wilfried mich doch bitte (wg. Akrophobie) mit dem Dingi überzusetzen. Der
macht‘s sich und mir aber leichter - er legt einfach eine zweite Bohle daneben.
Diese Idee ist genial und wird auch von der Nachbarschaft dankbar auf- und
übernommen. Halt ein erfahrener Skipper, der Erste. Gutes Essen, Holland gewinnt
und wir haben Platz und Tisch für das morgige Halbfinale.
07.07.10 Favignana Isola Galeotto
TG 1452
15m 47 min
Wir
holen unsere Pressluftflaschen ab und fahren zum Inselchen vor. Thilo schlägt
eine Umrund-ung vor, ich melde Bedenken wegen eventueller Strömungen im Kanal an
und schlage die Lee-seite der nahen Previlo vor. Mein Sportkamerad meint
allerdings, die Verhältnisse seien denen in Kroatien nicht unähnlich und
durchaus machbar. Man einigt sich auf einen Kompromis. Umrundung ja, aber der
Einstieg wird so gewählt, dass Wilfried uns beim sofortigen Abbruch im Auge hat
und im Erfolgsfall nach 1 Stunde mal das Inselchen mit dem Dingi patroulliert.
Gesagt getan, der sanft an der Oberfläche treibende Handschuh wird mir auf Tiefe
nachgereicht. Bei 19°C ist das durchaus zuträglich. Thilo führt und als Mann,
der sich an Sonne (steht im Zenit) und im Gelände -ohne Kompass- orientieren
kann, schnurstraks ins Meer hinaus. Ich kümmer mich derweil um Brasse, Barbe,
Nackertschneck, dieweil die Kameraden Muräne und Drachenkopf studieren. Auf der
Anhöhe des Ausläufers zirkelt der Doradenschwarm und da die Kompassnadel seit
einer halben Stunde unverändert gen Süden pendelt, steig ich auf und peil die
Sophia ein. Will ja nicht per Wing-lage zurückschwimmen und zu-sätzlich gibt’s
da dann auch noch den Schiffsverkehr. Ich blas zum Rückzug und kehr um. Thilo
wund ert sich zwar, schließt aber auf. Nach 15 Minuten zeig ich den Kameraden
die Brandung am Fels an - und zieh zur Sophia weiter. Im 5er doch zu frisch für
längere Ex-kursionen. Die Warmangezogenen tummeln sich noch ‘ne Weile im
Gelände. Erst an Bord klär ich Thilo über seinen Irrtum auf. Seiner Überzeugung
die Insel wenigstens teilweise umrundet zu haben, tritt allerdings die
Bestätigung des Einpeil-, sprich Umkehrpunktes durch die Deckswache Marco und
Skipper Wilfried entgegen. Tja, ohne Kompass muss man sich an die Brandung
halten - das ist üblich und ist halt so (hier würde das allerdings eine
Umrundung in 6m Tiefe bedeuten und wer will das schon). Den Mittag verbringen
wir in der warmen „Badewanne“ zwischen Insel Previlo und Steilstrand Pirreca.
Wir rödeln die Gerätschaften zusammen und geben das geliehene Material bei der
nun anwesenden Chefin ab. Etwas Geplauder über die Eigenheiten der Gegend und
die Gepflogenheiten der Basis, dann ist der Tauchteil des Törns abgeschlossen.
Mein besonderer Dank gilt allerdings unserem Skipper. Bestes Heranmanövrieren
und Sicherheitsabwägungen zu den Tauchplätzen zeichnen die Umsetzung der Spots
durch unseren Skipper aus. Anschließend hilft er mit tatkräftiger Hand beim
Aufrödeln, geleitet die Segelbootunerfahrenen behutsam zum Absprung an das
Relingstor und fischt uns am Achterdeck wieder aus dem Wasser. Das macht die
Tauchgänge nicht nur bequemer ,sondern eindeutig sicherer. Die steilen
Heckstufen sind mit 8kg Pb und 15er Flasche nicht ganz so spaßig Da deutet sich
doch klammheimliche Taucherkameradschaft an. Der Barkenwurf wird auf morgen
verschoben, denn es pressiert heim. Abends verliert Deutschland gegen Ole
Spanien. Die Stimmung rauscht in den Keller (selbst das hervorragende Essen hat
keinen stabilisierenden Einfluß).Frusttrinken führt zum Niedergang der Disziplin
und vom üblichen Mobing zur fast offenen Meuterei. Der Skipper hat das aber
alles im Griff und zieht sich zurück. Um drei bricht auch die Crew den
Nachttrunk ab und verschläft den halben Vormittag.
08.07.10 Favignana -S.Vito Lo Capo
Ein
letztes Mal mach ich mich in die Innenstadt zum Brotholen auf. Zum ersten Mal
begegne ich den Frühaufstehern ( 8 Uhr) und im Bäckerladen sind gar zwei
Bedienungen anwesend (was für ’ne Evolution: am 1.Tag 6 Uhr nur der Meister, am
2.Tag 7 Uhr eine Fachverkäuferin) und man spricht immer noch nicht deutsch.
Macht nix, man kennt inzwischen die Wünsche der deutschen Kundschaft - das etwas
dunklere Gebäck. Gemütlich geht’s zum Städele hinaus. Wir tuckern, der Wind ist
zu schwach, kommt von der falschen Seite und ist überhaupt völlig ungeeignet -
das ist halt so- geniessen aber die ruhige See und die Küstenlandschaft der
liebgewonnen Insel. Zudem ruft Ingeborg an und mein 59ster wird mit bordeigenen
Mitteln (und aus der Bordkasse) gefeiert. Wir fahren also bei Sonnenschein und
altdüniger See übers tyrrhenische Meer, vorbei an Isola di Maraone und Isoletta
Farmica zum Kap Sankt Vito hoch.Als das in Sicht ist, ist die Welt wieder in
Ordnung. Ankermanöver (der Barkenwurf wird auf morgen verschoben) und ab ins
kalte Wasser. Jeder planscht und tollt nur so um das Boot herum.
Auf meine Bemerkung „Schade, dass an Bord keine Jonge sind“, frägt
Wilfried nach.“Die könnten das Boot doch aus dem Top fotografieren“. „Dazu
braucht‘s keine Junge“. Sprichts, holt sein Geschirr und lässt sich hochziehen.
Ab geht die Session. Wir haben Spaß und der Skipper große Mühe. Eine kräftige
Altdünung lässt den Masten tanzen und ihn wedelts da ganz schön herum. Aber
beste Aufnahmen lohnen seine Anstrengung. Thilo lichtet nun den Mann in der Höhe
ab und lässt ihn deshalb auch nicht so schnell herunter. Nach getaner Arbeit
kreieren Marco und Thilo wieder mal ein wohlschmeckendes Menu und wir geniessen
alle die vor dem „Wolga“ geretteten Reste des Bordkühlschrankes.
09.07.10
S.Vito Lo Capo - Palermo
Letzter Seetag. Vom Kap in den Heimathafen. Auf See
verschwinden die höheren Grade im Bauch des Schiffes. Man weiß ja, wichtige
Reparaturen - irgendwelche Pumpen in der Bilge oder so. Na irgendwann muss ich
auch mal runter und darf sofortens eine ausgeschlagene Antriebswelle bewundern.
Klasse, aber ich muss auf’s Klo. Dann scheint alles geregelt zu sein und das
Gedengel verstummt. Schläfrig tuckert das Boot vor sich hin. Plötzlich
unheilvolles und schlagendes Gerumpel aus den Tiefen des Schiffskörpers. Sofort
wird der Motor ausgekuppelt, das Groß und die Genua zur Erhaltung der
Manövrierfähigkeit gesetzt und die möglichen Ursachen erörtert. Welle? oder hat
die Schraube was gefangen? Der Zweite meldet den Schaden, das Wellenlager ist
ausgebrochen, aber das wäre machbar. Die zwei Ingenieure begeben sich an ihren
Einsatzort, während die Crew völlig verdattert im Cockpit hockt und versucht das
Schiff zu segeln. Aber mehr als 0,2 -0,8 Knoten sind nicht drin. Wahrscheinlich
stehn wir sogar über Grund. Die Küstenkontur ändert sich jedenfalls nicht. Nach
über 70 Minuten kommen die beiden abgeschafft und von der Hitze gezeichnet an
Deck und starten den Antrieb. Hört sich gut an und bei 1800 U sogar richtig gut.
Gespannt lauschen wir den Erklärungen des Zweiten. Er hat sich Schrauben von
nicht so ganz wichtigen Aggregaten besorgt und so das Lager wieder fixieren und
justieren können. An Hand der Oberfläche der teilweise abgescherten und
teilweise gebrochenen Bolzen erläutert er den staunenden Laien die Vorgeschichte
und Hergang des Vorfalls. Poh, uh wat für ’n Ding. Aber nun schnurrt das Schiff
seinen Kurs in den Industriehafen hoch. Treibstoff bunkern. Geht dort schneller.
Nicht ganz einfach! - so ‘ne Schiffstankstelle - .Alle rödeln wie verrückt herum
und die Kommandos bellen durch die Luft. Recht hektische Angelegenheit. Ich
drück mich mal lieber fester in die Polster.Die Arbeitsallergie macht mir zu
schaffen.Schluß- endlich klappt es doch und wir verlassen vollgetankt und im
Rückwärtsgang den Hafen. Die Mole Sud ruft...Neben der Highlander Breeze, einer
90 Fuß Segelyacht gehen wir im gehörigen Abstand vor Anker…Trotzdem wird die
Anzahl der Fender auf der Backbordseite des Nachbarschiffes mal richtig und
demonstrativ erhöht. Als noch ein kleineres Boot sich zwischen uns legt,wird der
soziale Status noch viel feiner herausgearbeitet. Die Besatzung des
hochherrschaftlichen Geräts legt die riesigen Fender teilweise noch quer und wir
ziehen die unsrigen back- und steuerbords hoch um dem Kleinen wenigstens ’ne
Chance zu geben. Anschließend wird uns noch Spaß am Wässern des Decks vermittelt
und die beiden Chiefs rücken zur Beschaffung der neuen Bolzen für das
Wellenlager ab. Ich organisier inzwischen Rauchware für den süchtigen Part der
Crew. Nach gründlicher Reinigung der Oberdecks und der Besatzung ziehen wir uns
in das Dreigenarationenhaus vom ersten Tag zurück (der Besitzer hat sich
übrigens einen neuen Fernseher angeschafft) und ergötzen uns an
altsizilianischem Speis und Trank. Der Barkenwurf wird auf den nächsten Törn
verschoben. Müde? Keine Spur. Der Skipper unterhält uns mit seinen Anekdoten bis
nachts um halb zwei. Erst jetzt ruft er zur Ordnung - wir hätten noch
stundenlang zuhören können - (aber die Reinigung des Schiffes steht ja noch an).
10.07.10 Palermo -
Stuttgart
Man wischt, wienert, staubsaugt das gesamte Schiff. Dann
ist die Besatzung dran. Pech für Thilo, als sich just, während er sich duscht,
ein Polizeiauto nähert. Scharfes Gebremse und darauffolgend ein Geschrei wie am
Hamburger Fischmarkt. Der Franzose im Boot neben uns bemerkt völlig trocken: „
das darf eben nur Berlusconi“. Ja, da halten die Welschen schon zu uns.
Hans,Sailorkollege von Wilfried besichtigt zuerst die Welle und öffnet
anschließend die Cockpit-Scheibe. Gute Idee, jetzt säuselt ‘ne erfrischende
Brise durchs Oberdeck. Da wundert sich der Laie und staunt der Seemann. Der
Transfer zum Flughafen verläuft ohne Probleme, dafür ist in Deutschland die DB
für einige Überraschen gut. Nach dem Umstieg in der Schwabstrasse wird man ob
des Fehlens der S4 und S5 informiert. Zu Erreichen nur über den Hauptbahnhof.
Dort wird man zum eventuellen Umsteigen in Feuerbach animiert und ansonsten wird
wegen eines Umstellfehlers erst mal auf der Strecke pausiert. Und das bei
schwülen, konservativ geschätzten 40°C. Als ATZler steig ich völlig dehydriert
und unterhopft in das Taxi gen Neckarweihingen. Ende gut, alles gut.
Fazit. Segeln ist toll, ein schwimmendes 60-Fuß
Wochenendhaus mit erfahrenen Skippern noch toller und mobbe nicht die Bastler
vor dem Abend. Sie können was und helfen tatsächlich aus jeder Bredouille.